Der 162. Schinkel-Wettbewerb des Architekten- und Ingenieur-Vereins zu Berlin nahm das Berliner Westkreuz in den Blick. Ziel war es, verschiedene Entwicklungspotentiale rund um den Verkehrsknotenpunkt herauszuarbeiten.
Ausgehend von dem Szenario einer touristischen und wirtschaftlichen Erschließung des Weltraums, liefern Svenja Frisch und Henning Niehoff (BTU Cottbus) mit „Säulen der Schöpfung“ einen Vorschlag zur infrastrukturellen Anbindung des Westkreuzes an das All. Ein futuristischer Spaceport fungiert als mehr oder weniger freischwebender Bahnhof für den Personen- und Frachtverkehr zwischen Erde und Universum, der über eine fahrstuhlähnliche Konstruktion abzuwickeln sei. Der Entwurf verknüpft filmische Perspektiven mit der Fortführung städtebaulicher Utopien der 50er und 60er Jahre. Während die verkehrsgebundene Funktionalität des Standortes dabei seine absurde Übersteigerung erfährt, kontrastiert die Arbeit „Trip“ den abweisend trostlosen Charakter des Gebiets mit einem Vorschlag zur Umnutzung als hedonistischen Naherholungspark. Unter dem Motto „Free your mind“ inszenieren Luisa Appenrodt, Ann-Sophie Krüger und Berit Trebesch (FH Erfurt) das Westkreuz als Ort kollektiver Bewusstseinserweiterung, an dem Kindheitserinnerungen, Träume, Wünsche und Hoffnungen aufleben und zur Entfaltung gebracht werden.
Beide Ansätze verstehen sich als freigeistige Spielarten, das visionäre Potential einer Entwurfsarbeit voll auszuschöpfen. Verknüpft mit der Ermutigung, sich einerseits für die eigene und andererseits für eine übergeordnete Gedankenwelt zu öffnen, stellen beide Arbeiten exemplarische Möglichkeiten vor, den Diskurs über architektonische, städtebauliche, verkehrsplanerische und konstruktive Fragen hinaus, um grenzüberschreitende Dimensionen zu bereichern. Deshalb wurden beide Vorschläge vom Schinkelausschuss und den diesjährigen Preisrichtern mit dem Sonderpreis „Freie Kunst“ der Hans und Charlotte Krull Stiftung zu je 600 Euro gewürdigt.