Stipendiaten & Projekte
2011-2024
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Julian Irlinger
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Julian Irlinger, geboren 1986 in Erlangen, studierte Kunst an der HGB Leipzig und der Städelschule in Frankfurt am Main. Anschließend war er Teilnehmer des Whitney Independent Study Program in New York. In seiner künstlerischen Praxis beschäftigt er sich in unterschiedlichen Medien mit der Konstruktion historischer Narrative und deren Kennzeichnung durch hegemoniale Strukturen. Im Förderzeitraum befasst er sich mit der Darstellung Sozialer Arbeit und konzentriert sich auf eine Einrichtung, in der Jugendliche ihren Alltag mit PädagogInnen verbringen.
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Johannes Büttner
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In seiner Arbeit verhandelt der Künstler real existierende sowie auf uns zu kommenden und damit spekulative sozioökonomische Phänomene und Wertschöpfungsprozesse. Über die Zukunft denkt er dabei in all ihren Potentialitäten, aber im Bewusstsein planetarer Krisen nach. Um zukünftige oder auch vermeintlich utopische Szenarien zu entwerfen, stellt Johannes Büttner dabei eine durch die Tech-Industrie und das Silicon Valley geprägte kapitalistische Rhetorik in Frage. Dabei setzt er dieser subkulturelle Praktiken, unterschiedliche Formen des Hackens, Queering, DIY und einen Aufruf zur Selbstorganisation entgegen. Hierfür bedient er sich gleichermaßen bei Aussteigerliteratur aktueller sowie vergangener Zeiten, politischen Manifesten, dem Cyberpunk Genre (low life, high tech), YouTube-Tutorials oder auch (Urbanen-) Mythen und Spiritualität um psychedelische Narrative zu konstruieren.
Die dabei entstehenden Szenarien oszillieren zwischen Realität und Fiktion und fordern allgemeine Übereinkünfte darüber, was Realität ist, heraus. Wissenschaftliche Systeme, Feldforschung und Erzählungen von Wirklichkeit werden denen von Fiktion und Spekulation gegenübergestellt.
In seinem aktuellen Vorhaben setzt Johannes Büttner sich mit den tief verwurzelten Ausbeutungsmechanismen auseinander, die den modernen Digitalkapitalismus prägen. Im Zentrum stehen Clickworker, die unter prekären Bedingungen für minimale Vergütungen arbeiten und damit einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung von KI-Systemen leisten. Ihre Aufgaben umfassen das Annotieren von Bildern für die Sensorik autonomer Fahrzeuge, das Bewerten emotionaler Inhalte in TikTok-Videos zur Verfeinerung der Algorithmen oder das Sichten und Filtern von Inhalten auf Social-Media-Plattformen.
Die geplante Videoinstallation wird auf eingehenden Recherchen und Interviews basieren, die sich mit der Gig-Arbeit auf Plattformen wie Clickworker und Cloudfactory befassen. Besonders im globalen Süden sind es diese unsichtbaren Freelancer-Armeen, ohne deren Einsatz unsere digitale Welt von heute auf morgen zusammenbrechen würde.
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Shirin Mohammad
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Shirin Mohammads multidisziplinäre Praxis umfasst Multimedia-Installationen, Filme und künstlerische Recherchen in Archiven. Mit einem besonderen Schwerpunkt auf der soziopolitischen Geschichte des Iran verbindet sie Elemente der Dokumentation und der Fiktion, um die Überbleibsel verlorener, ignorierter und aufgegebener Erzählungen zu untersuchen.
Ihre Arbeit schafft Beziehungen durch ortsspezifische Multikanal-Installationen, die als räumliches Instrument zur Untersuchung von Themen der politischen Geschichte des Iran konzipiert sind. Sie versucht, die latenten Verheißungen nicht-strategischer Ansätze in der Politik – vor allem die stummen Archive verschiedener sozialer Bewegungen im Iran – zu verkörpern, um die Geschichte der Gegenwart und die damit verbundenen Möglichkeiten für verschiedene Formen der Transformation der Zukunft zu durchdenken.
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Hajnal Nemeth
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Hajnal Németh, geboren 1972 in Szőny (Ungarn), verbrachte ihr Studium an der Intermedia-Abteilung der Ungarischen Universität der Bildenden Künste, welches sie im Jahr 2000 abschloss. Seit 2002 lebt und arbeitet sie in Berlin und arbeitet an den Schnittstellen von bildender Kunst und Musik. Das interdisziplinäres Schaffen umfasst Performances, Rauminstallationen und Bewegtbildformate, ihre Werke gründen auf Notationen, Liedtexten, Gedichten oder Prosafragmenten aus so unterschiedlichen Quellen wie der Pop, klassischen Genres, Fluxus-Scores sowie Texten der Künstlerin. Ein experimenteller Umgang mit Zeit, Rhythmus, Intonation sowie ihre spielerische Hinterfragung von Bedeutungsstrukturen manifestieren sich oft in minimalistischen Eingriffen in das vorhandene Material, mit denen sie etwa den Sinn eines gesprochenen oder gesungenen Satzes verdreht. In ihrer fortdauernden Zusammenarbeit mit Sänger*innen, Chören und Schauspieler*innen zeigt sie, wie Zusammenhänge arbiträr konstruiert und wieder seziert werden können.
Némeths Arbeiten wurden in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen in renommierten Kunstinstitutionen präsentiert, u. a.: n.b.k. – Neuer Berliner Kunstverein, Berlin (2021); Ludwig Museum – Museum of Contemporary Art, Budapest (2022, 2020, 2016, 2008, 2003); The Jewish Historical Museum, Amsterdam (2017); Kunsthalle Emden (2017); Kunstmuseum Stuttgart (2016); Palais de Tokyo, Paris (2015, 2012); Tel Aviv Museum of Art (2014); Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofía, Madrid (2010); Museum Kunstpalast, Düsseldorf (2010); mumok – Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien, Vienna; (2009); The Kitchen, New York (2006); Gropius Bau, Berlin (2005); Tate Modern, London (2004); Singapore Art Museum (2004); KW Institute for Contemporary Art, Berlin (2001); Moderna Museet, Stockholm (2000).
2010 wurde sie für den Nam June Paik Award in Düsseldorf nominiert. 2011 präsentierte Németh ihr Werk in einer Einzelausstellung im Ungarischen Pavillon auf der Biennale Venedig. Darüber hinaus war sie 2011 auf der Berlin Biennale, 2011 auf der Wien Biennale und 2015 auf der OFF-Biennale vertreten. 2020 gründete sie den Berliner Projektraum Yellow Solo für zeit- und prozessbasierte Formate, die sich mit musikalischen Systemen und Bezügen auseinandersetzen – bisher wurden u. a. Werke von Annika Kahrs, Olaf Nicolai, Arnold Dreyblatt, Anri Sala, Dani Gal und Ari Benjamin Meyers gezeigt.
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Jana Müller
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Jana Müller, geboren 1977 in Halle/Saale, studierte künstlerische Fotografie an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig und lebt in Berlin. Sie unterrichtete in den letzten Jahren an der Kunsthochschule Mainz und an der Universität der Künste Berlin. Jana Müllers künstlerische Recherche ist eine ständige Spurensuche, die sich mit gesellschaftlich wichtigen Themen auseinandersetzt und dabei das Medium Fotografie in seinen medialen Dimensionen reflektiert und anwendet. Ihre raumgreifenden auf Fotografie basierenden Mixed-Media-Installationen sind dabei Bestandsaufnahmen von realen, wie fiktiven Geschehnissen.
Derzeit verfolgt sie in ihrem Langzeitprojekt Falscher Hase (Mock Rabbit) die Spuren ihres Vaters, der zu DDR-Zeiten Kriminalist war. Die gesammelten Recherchematerialien sind in meinem Online-Archiv http://falscherhase.jana-mueller.de sichtbar und sind Ausgangspunkt für die geplante Installation. Es ergibt sich eine Kombination an Beweisen des Persönlichen, des Kriminalistischen und des Künstlerischen.
Ihre künstlerischen Arbeiten werden in den verschiedensten Kontexten international ausgestellt und sie hat zahlreiche namenhafte Stipendien für ihre Vorhaben erhalten.
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