Für ihre Installation „Kreuz Weg“ reiste Mia Florentine Weiss einmal quer durch Europa. In 47 Ländern fing sie durch Interviews die aktuelle Stimmung in der jeweiligen Bevölkerung ein und sammelte in jedem Staat einen Sack Erde – als Metapher für den Mutterboden, der Gefühle von Heimat und Identität nährt. Final installierte die Berliner Künstlerin ein begehbares Stahlkreuz im Hauptschiff der Nikolaikirche im Bezirk Mitte. Auf dem gesammelten „Boden Europas“ ruhend, symbolisiert die raumgreifende Installation einen universellen Kreuzweg.
Das Betreten der dezent beleuchteten Stofftunnel soll die Besucher, über die reine physische Erfahrung hinausgehend, mit inneren Widerständen und Fragen der eigenen Identität konfrontieren. 100 Jahre nach dem Versailler Friedensvertrag erhält die künstlerische Auseinandersetzung auch eine politische Dimension: „Ein friedliches Europa ohne Grenzen ist kein Selbstverständnis“, betont Mia Florentine Weiss und ergänzt: „Gerade im Kontext des gegenwärtigen Populismus wird sichtbar, wie schnell die europäische Idee nationalen Egoismen zum Opfer fallen kann.“
Zu der Ausstellung erschien 2019 im Distanz Verlag ein innovativer Augmented-Reality-Katalog mit Beiträgen von Karlheinz Lüdeking, Sylvia Metz und Bettina Ruhrberg. Das Coffee Table Book erweitert den Gedanken der Kreuzung um den Dialog von analogen und digitalen Medienformaten. Mit einer App können während der Lektüre die erwähnten Interviews auf dem Smartphone verfolgt werden. Das Leseerlebnis vereint so den Kunstgenuss mit der Begegnung von Bürgern aus ganz Europa. Für die Katalogproduktion erhielt Mia Florentine Weiss eine Projektförderung der Hans und Charlotte Krull Stiftung.