In den 1930er-Jahren entwarf die Textilgestalterin Otti Berger Stoffe für die Architektur der Moderne, die bis heute faszinieren. Ihre Entwürfe verbinden Ästhetik, Funktion und technische Innovation auf beeindruckende Weise und veränderten grundlegend das Verständnis von dem, was Textilien sein und leisten können. Otti Berger (1898–1944) hatte ab 1928 am Bauhaus studiert und gelehrt, ab 1932 machte sie sich in Berlin selbständig. Sie arbeitete für Auftraggeber*innen europaweit und erwarb zahlreiche Patente.
Die bildende Künstlerin Judith Raum hat die Stoffe von Otti Berger in einem mehrjährigen Rechercheprojekt gemeinsam mit der Weberin Katja Stelz analysiert. Der interdisziplinäre Forschungsprozess mündete in der reich illustrierten Publikation „Otti Berger. Stoffe für die Architektur der Moderne“, die Bergers Schaffen erstmals auf umfassende Weise zugänglich macht. Judith Raum nähert sich Bergers Werk, indem sie die Stoffe nach ihren Funktionen und Beziehungen zu den architektonischen Elementen Möbel, Fenster, Wand und Boden ordnet. Mit der Fotografin Uta Neumann entstanden für den Band neue Farbfotografien, welche die Schönheit und Raffinesse der Textilien auf bisher unbekannte Weise deutlich werden lassen.
Judith Raums Ausstellung Otti Berger. Stoffe für die Architektur der Moderne machte in einer eigens für die Räume des temporary bauhaus-archivs Berlin entwickelten Installation Otti Bergers Werk sinnlich erlebbar. Zu sehen war eine neue Videoarbeit mit dem Titel Erfindungshöhe (Inventive Step) neben großformatigen, aufwändig nachgewebten Wand- und Vorhangstoffen Bergers. Im Zusammenspiel mit Archivmaterial und historischen Objekten in Vitrinen bildeten die räumlichen und filmischen Elemente einen erzählerischen Zusammenhang zu Otti Bergers Biografie, ihrem Bestreben um Patentschutz für ihre technisch herausragenden Gewebe, sowie ihrem beruflichen und privaten Schicksal als Jüdin während der nationalsozialistischen Diktatur.
Installations-Fotos
(Judith Raum, Otti Berger. Stoffe für die Architektur der Moderne (2024). Installationsansicht temporary Bauhaus-Archiv Berlin. Foto: Konrad Langer)
Abbildungen der Publikation
(Judith Raum (Hg.) für Bauhaus-Archiv Berlin: Otti Berger. Weaving for Modernist Architecture (2024), Publikation; Verlag: Hatje Cantz, Fotografie: Uta Neumann & Florian de Brunnen, Grafik: Lamm & Kirch)